#72 KlimaGoodNews: Zivilgesellschaft als Motor der Klimapolitik
Die letzten Wochen standen kaum im Zeichen des Klimaschutzes. Im neuen Koalitionsvertrag von Union und SPD spielt er eine deutlich untergeordnete Rolle. Zwar bekennt sich die Koalition weiterhin zum Ziel der Klimaneutralität bis 2045, doch konkrete und wirksame Schritte dorthin scheinen zu fehlen. Stattdessen: Ausbau der Erdgasförderung, Aufweichung des Gebäudeenergiegesetzes, mehr Subventionen für Pendlerpauschale und Agrardiesel – und Fliegen wird sogar billiger. Klimageld? Fehlanzeige. Für viele setzt dieser Vertrag damit falsche Signale, und das im Angesicht der drängendsten Zukunftsfrage unserer Zeit.
Gerade wenn politische Impulse ausbleiben, kommt der aktiven Zivilgesellschaft und ihrem Engagement eine zentrale Rolle zu. NGOs, Organisationen, Initiativen, Wissenschaftler:innen und viele engagierte Menschen leisten einen wichtigen Beitrag: Sie entwickeln fundierte Lösungen, klären auf, prägen den öffentlichen Diskurs und stoßen konkrete Veränderungen an. Ihr Einsatz ist von enormer Bedeutung – für den Klimaschutz, für soziale Gerechtigkeit, für eine lebendige Demokratie.
Deshalb geht es in dieser KlimaGoodNews-Ausgabe um inspirierende Beispiele, mutige Projekte und gute Nachrichten, die zeigen: Veränderung ist möglich. Und sie beginnt bei uns allen. Viel Freude beim Lesen 💚

Klimaproteste zeigen Wirkung – oft mehr, als gedacht
Neue Studien deuten darauf hin, dass Klimaproteste nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch Wahlen und politische Entscheidungen beeinflussen können. Eine Analyse von 50 Studien des Yale Program on Climate Change Communication hat ergeben, dass selbst umstrittene Formen des Protests meist positiv auf die öffentliche Wahrnehmung wirken.
Eine Untersuchung aus Deutschland zeigt, dass in Regionen mit Klimaprotesten die Grünen bei späteren Wahlen besser abschnitten. Das deutet darauf hin, dass gesellschaftliches Engagement Einfluss auf Wahlergebnisse haben kann. Ein Blick in die USA zeigt Ähnliches: Nach dem ersten Earth Day Aktionstag 1970 war die Luftqualität in Regionen mit wenig Protestbeteiligung selbst 20 Jahre später deutlich schlechter als in Gegenden mit mehr Engagement. Darüber hinaus kann der Effekt radikaler Protestformen gemäßigteren Gruppen Rückenwind geben, wie im Fall von „Just Stop Oil“: Nach einer Straßenblockade durch die Gruppe stieg in Großbritannien die Unterstützung für „Friends of the Earth“.
Zwar führt wachsender Protest oft zu staatlicher Repression, doch genau das mobilisiert in vielen Fällen neue Unterstützung. Studien aus autoritären Kontexten zeigen, dass öffentlicher Widerstand die Überlebenschancen demokratischer Strukturen erhöhen kann.
Klimaprotest ist damit mehr als reine Symbolik! Er kann ein wirksames Mittel sein, um gesellschaftliche Entwicklungen mitzugestalten.

Forschende machen sich stark für konsequenten Klimaschutz
Kurz vor der ersten Sitzung des neuen Bundestags haben sich rund 14.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland mit einem klaren Appell an die Politik gewandt: Der Klimaschutz muss endlich zur Priorität werden!
Der Appell ist ursprünglich von der Gruppe „Scientists for Future“ in Bayreuth ausgegangen und wird von Forschenden aus den unterschiedlichsten Fachbereichen unterstützt, darunter etwa vom Alfred-Wegener-Institut, der Charité und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Die Wissenschaftler:innen machen deutlich: Die Klimakrise und das Artensterben zählen zu den größten Herausforderungen unserer Zeit – und verdienen mehr politische Aufmerksamkeit.
Mit klaren Forderungen zeigen sie auf, wie wir aktiv gegensteuern können: Ausbau erneuerbarer Energien, Förderung grüner Technologien und eine sozial gerechte Energiewende stehen im Zentrum. Einseitige Hoffnungen auf künftige Technologien wie E-Fuels oder Kernfusion seien nicht ausreichend, um die Klimaziele zu erreichen.
Die Stimmen aus der Wissenschaft werden lauter – und sie geben Hoffnung. Klimaforscherin Julia Pongratz betont: „Wir haben keine Alternative dazu, unsere Welt aktiv zu gestalten.“ Klimaschutz sei kein Luxus sondern Voraussetzung für eine lebenswerte Zukunft.

🎊 Earthly Delights
Deutsche Umwelthilfe geht gegen Greenwashing vor
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat fünf Unternehmen wegen irreführender Umweltversprechen verklagt. Sie fordert ernsthaften Klima- und Umweltschutz sowie transparente Kommunikation.
Immer mehr Verbraucher:innen achten auf umweltfreundliche Produkte. Viele Firmen werben daher mit scheinbar nachhaltigen Angeboten – oft ohne belastbare Nachweise. Die DUH spricht von Greenwashing: geschönte Darstellungen, die Produkte umweltfreundlicher erscheinen lassen, als sie sind.
Geklagt wird gegen Coty, Deichmann, L’Oréal, Tchibo und Toom. Sie sollen Umweltvorteile ihrer Produkte anpreisen, ohne diese ausreichend zu belegen. Betroffen sind etwa Sonnencreme mit dem Label „ozeanfreundlich“, Kleidung, Schuhe und Laminat mit Aussagen wie „nachhaltig“ oder „gut für die Umwelt“.
DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch warnt: Unklare Aussagen erschweren nachhaltige Kaufentscheidungen. Seit Dezember 2024 hat die DUH rund 20 Unternehmen abgemahnt. Einige, etwa aus der Bauhaus-Gruppe oder Poco, wollen ihre Werbung künftig transparenter gestalten. Verstöße können rechtlich verfolgt werden.
Die DUH kündigt an, Verstöße auch in der Zukunft juristisch zu prüfen und eventuell weitere Verfahren in die Wege zu leiten.

💯 Zahl der Woche
14.06.2025 - Tag der Klimademokratie
Seit 2023 gibt es einen Tag der Klimademokratie. Er wurde von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie GermanZero, Together for Future und der Bürgerlobby Klimaschutz ins Leben gerufen und hat das Ziel, den direkten Austausch zwischen Bürger:innen und Politik zu stärken.
Am 14. Juni 2025 heißt es wieder: „Hallo neuer Bundestag, wir müssen reden – über’s Klima!“ Beim größten digitalen Klimadialog des Jahres, sprechen rund 1.000 Bürger:innen mit den Abgeordneten des neu gewählten Bundestags.
Zentrale Frage in diesem Jahr lautet: „Welche Klimazukunft machen wir gemeinsam möglich?“ Der neue Koalitionsvertrag bleibt in Sachen Klimaschutz vage. Auch über die Verwendung des geplanten Sondervermögens von 500 Milliarden Euro herrscht Unklarheit. Mehr als 40 Organisationen rufen deshalb zum Dialog auf. In ganztägigen, moderierten Videokonferenzen können Menschen ihre Fragen persönlich an Politiker:innen richten – konstruktiv, direkt und demokratisch.
Ein starkes Zeichen dafür, dass Themen rund um den Klimaschutz nicht nur bei den Bürger:innen, sondern auch im Dialog mit Politiker:innen weiterhin relevant bleiben müssen. Jede:r Bürger:in kann sich auf der Webseite anmelden und in einer ganztägigen Videokonferenz eigene Klimafragen persönlich an die Abgeordneten stellen sowie in Gesprächsrunden live zuhören.

💪 Challenge der Woche
Gemeinsam wirken: Werde NGO-Unterstützer:in!
Unsere Demokratie lebt vom Engagement und NGOs sind dabei unverzichtbar: Sie setzen sich für Umwelt- und Klimaschutz ein, retten Leben auf dem Mittelmeer, machen Korruption sichtbar, stärken Grundrechte und sorgen dafür, dass politische Versprechen eingehalten werden.
Doch genau dieses Engagement gerät zunehmend unter Druck – sei es durch politische Angriffe, finanzielle Engpässe oder strukturelle Hürden. Gerade jetzt brauchen NGOs Unterstützung. Denn ohne finanzielle Mittel können viele ihre Arbeit nicht fortsetzen.
Daher lautet die Challenge in dieser Woche:
🔍 Such dir eine gemeinnützige Organisation aus, die zu deinen Werten passt, ob im Bereich Klimaschutz, Menschenrechte oder gesellschaftlicher Zusammenhalt.
🙏 Spende einen Betrag deiner Wahl, ob einmalig oder regelmäßig, 2 €, 5 € oder mehr. Auch kleine Spenden bewirken viel, wenn viele Menschen sie leisten.
💬 Oder teile die Organisation in deinem Umfeld, zum Beispiel über Social Media – Sichtbarkeit ist auch Unterstützung.
Achte dabei auf seriöse Siegel wie das DZI-Spendensiegel, das für Transparenz und verantwortungsvollen Umgang mit Geldern steht. Hier nur ein paar gute Startpunkte zur NGO-Recherche:
Mit deiner Unterstützung bleibt zivilgesellschaftliches Engagement sichtbar und handlungsfähig. Es muss nicht viel sein – Hauptsache, wir tun etwas.
Vielen Dank fürs Lesen der KlimaGoodNews #72💚
Wir freuen uns schon auf die nächste Ausgabe mit positiven Nachrichten für eine nachhaltigere gemeinsame Zukunft!