COP30 in Belém – Zehn Jahre Pariser Abkommen
Im Dezember 2015 wurde mit dem Pariser Klimaabkommen ein bedeutender Meilenstein in der internationalen Klimapolitik gesetzt. 195 Staaten sowie die Europäische Union einigten sich darauf, die Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf deutlich unter 2 Grad Celsius, möglichst 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Das Abkommen war ein Ausdruck globaler Zusammenarbeit und eines neuen gemeinsamen Klimabewusstseins. Zehn Jahre später findet mit der COP30 im brasilianischen Belém eine weitere wegweisende Konferenz statt. Anlass genug, die Rolle der Weltklimakonferenzen im Kontext von Klimazielen und Fortschritten genauer zu betrachten.
Die Rolle der Weltklimakonferenzen in der internationalen Klimapolitik
Weltklimakonferenzen, offiziell "Conference of the Parties" (COP), sind das höchste Entscheidungsgremium der UN-Klimarahmenkonvention (UNFCCC). Diese wurde 1992 auf dem Erdgipfel in Rio de Janeiro verabschiedet und trat 1994 in Kraft. Seit 1995 treffen sich die Vertragsstaaten jährlich, um über konkrete Schritte zur Begrenzung des Klimawandels zu beraten. Die Konferenzen bieten einen multilateralen Rahmen für die Entwicklung gemeinsamer Klimaschutzstrategien und die internationale Abstimmung über deren Umsetzung. Viele der dabei getroffenen Vereinbarungen sind politisch verpflichtend, aber nicht rechtlich bindend – was ihre Wirksamkeit maßgeblich von Transparenz, gegenseitigem Vertrauen und politischem Willen abhängig macht.
Konkret werden auf COPs unter anderem folgende Entscheidungen getroffen:
- die Festlegung internationaler Ziele zur Reduktion von Treibhausgasemissionen,
- Regeln zur Umsetzung und Transparenz der nationalen Klimapolitik,
- Finanzierungszusagen für Entwicklungsländer,
- Schutz- und Anpassungsprogramme für besonders betroffene Regionen,
- gemeinsame Berichterstattungsformate und Messmethoden,
- sowie die Einrichtung von Fonds, Programmen und Kooperationsmechanismen (z. B. für Technologietransfer oder Waldschutz).
An den Konferenzen nehmen heute 198 Vertragsparteien teil. Dazu gehören nahezu alle Staaten der Welt sowie die Europäische Union. Neben den offiziellen Delegationen sind auch Beobachterorganisationen aus Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Wirtschaft vertreten. So werden die Verhandlungen durch Fachwissen und gesellschaftliche Impulse ergänzt. Die Weltklimakonferenzen bestehen aus einem komplexen Zusammenspiel von politischen und technischen Arbeitsgruppen.
Die Geschichte der COPs umfasst einige wichtige Stationen:
- 1997 wurde mit dem Kyoto-Protokoll das erste völkerrechtlich verbindliche Protokoll mit konkreten Emissionszielen für Industrieländer verabschiedet.
- 2009 scheiterte in Kopenhagen der Versuch, ein umfassendes Nachfolgeabkommen zu erreichen.
- 2015 legte das Pariser Abkommen weltweit gemeinsame Ziele fest. Seither bildet das Pariser Abkommen den Rahmen für die internationale Klimapolitik.
- 2023 einigten sich die Staaten in Dubai darauf, den globalen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen schrittweise einzuleiten.
Weltklimakonferenzen sind der zentrale Ort, an dem Staaten regelmäßig über Regeln, Ziele und Unterstützungsmaßnahmen im Klimaschutz verhandeln. Ihre Bedeutung liegt in der Koordination gemeinsamer Maßnahmen, der Stärkung internationaler Zusammenarbeit und dem Aufbau von Vertrauen zwischen Staaten.
Klimaziele als ein Instrument globaler Zusammenarbeit
Klimaziele sind freiwillige oder vereinbarte Verpflichtungen von Staaten zur Begrenzung ihrer Treibhausgasemissionen. Sie können auf internationaler Ebene im Rahmen globaler Abkommen wie dem Pariser Klimaabkommen definiert sein oder auf nationaler Ebene in Gesetzen und Programmen verankert werden.
Im Pariser Abkommen wurde erstmals festgelegt, dass alle Staaten sogenannte "Nationally Determined Contributions" (NDCs) einreichen. Diese beinhalten konkrete Klimaziele für einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel bis 2030 oder 2035. Die NDCs können z. B. das Ziel enthalten, die Emissionen um einen bestimmten Prozentsatz zu senken, auf erneuerbare Energien umzustellen oder bestimmte Technologien zu fördern. Diese Ziele sind zwar rechtlich nicht einklagbar, unterliegen aber einem Transparenzmechanismus und müssen regelmäßig aktualisiert und verbessert werden.
Klimaziele auf nationaler Ebene sind in vielen Ländern gesetzlich verankert. In Deutschland ist im Klimaschutzgesetz festgelegt, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 65 Prozent gegenüber 1990 gesenkt und bis 2045 auf null gebracht werden sollen (Klimaneutralität). Diese nationalen Ziele müssen mit den internationalen Verpflichtungen abgestimmt sein. Die Umsetzung erfolgt über sektorale Zielvorgaben (z. B. für Verkehr, Industrie, Gebäude), CO₂-Bepreisung, Förderprogramme und ordnungsrechtliche Vorgaben.
Seit dem Pariser Abkommen haben sich nahezu alle Staaten erstmals zu Klimaschutz verpflichtet. Die globale Temperaturentwicklung wurde laut neuesten Analysen durch das Abkommen um etwa 0,3 Grad Celsius gebremst im Vergleich zum vorhergesagten Verlauf. Viele Länder haben inzwischen langfristige Ziele (Netto-Null) definiert, der Anteil erneuerbarer Energien wächst, und es wurden zahlreiche Mechanismen für Messung, Berichterstattung und Kontrolle eingeführt.
Zur Bewertung der gemeinsamen Fortschritte wurde der Mechanismus der Globalen Bestandsaufnahme (Global Stocktake) geschaffen. Dieser findet alle fünf Jahre statt und analysiert, wie weit die Staaten bei der Erreichung der Pariser Klimaziele vorangekommen sind. Die Durchführung und Auswertung erfolgt unter der Leitung des UN-Klimasekretariats (UNFCCC) in enger Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Gremien und den Vertragsstaaten selbst. Die erste Bestandsaufnahme im Jahr 2023 kam zu dem Ergebnis, dass zwar Fortschritte erzielt wurden, jedoch deutlich ehrgeizigere Maßnahmen erforderlich sind, um das 1,5-Grad-Ziel in Reichweite zu halten.
Die bisherigen nationalen Klimaziele reichen insgesamt nicht aus, um die globale Erwärmung ausreichend zu begrenzen. In vielen Staaten steigen die Emissionen weiterhin an, insbesondere in wachsenden Wirtschaftsräumen. Hinzu kommen Herausforderungen in der Umsetzung: Politische Blockaden, wirtschaftliche Interessen oder fehlende Infrastruktur bremsen die Realisierung aus. Auch die zugesagte internationale Klimafinanzierung wird bislang nicht im notwendigen Umfang bereitgestellt, was insbesondere Entwicklungsländer vor große Probleme stellt.
Ein wichtiges Signal in diesem Zusammenhang war das im Juli 2025 veröffentlichte Gutachten des Internationalen Gerichtshofs (IGH). Es stellt klar, dass alle Staaten völkerrechtlich verpflichtet sind, das Klima zu schützen – unabhängig davon, ob sie dem Pariser Abkommen beigetreten sind. Gleichzeitig verpflichtet es die Vertragsstaaten, ihre Klimaziele so ambitioniert zu gestalten, dass das 1,5-Grad-Ziel erreichbar bleibt. Das Gutachten geht auf ein UN-Mandat zurück, das die Verantwortung von Staaten in Bezug auf Klimagerechtigkeit juristisch klären sollte. Es stärkt damit die Grundlage für internationale Klimaklagen und erhöht den politischen Druck auf alle Staaten.
COP30 in Belém – Eine Konferenz mit Signalwirkung
Die COP30, die vom 10. bis 21. November 2025 in Belém (Brasilien) stattfindet, markiert das zehnjährige Bestehen des Pariser Klimaabkommens. Die Konferenz bietet damit Anlass zur Bilanz und zur Neuausrichtung der internationalen Klimapolitik, und ist aus mehreren Gründen von besonderer Bedeutung.
Ein zentrales Thema ist die voraussichtliche Abwesenheit der Vereinigten Staaten. Unter Präsident Donald Trump hat die US-Regierung zum zweiten Mal den Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen erklärt und wird die COP30 nach aktuellem Stand nicht offiziell begleiten, auch wenn der Austritt formal erst 2026 wirksam wird. Bereits bei den Zwischenverhandlungen im Juni 2025 war sie nicht mehr vertreten. Als historisch größter Emittent würden die USA damit nicht nur symbolisch, sondern auch politisch fehlen. Zugleich wird eine Delegation von über hundert Vertreter:innen aus US-Bundesstaaten, Städten und zivilgesellschaftlichen Organisationen erwartet. Die Klimaallianz „America is All In“ kündigte an, das Engagement großer Teile der US-Gesellschaft sichtbar zu machen. Viele werten die mutmaßliche Abwesenheit der Bundesregierung als Rückschritt für die internationale Glaubwürdigkeit, zugleich aber auch als Zeichen dafür, dass subnationale Akteure Verantwortung übernehmen und andere Staaten ihre Führungsrolle im Klimaschutz ausbauen sollten.
Die Erwartungen an Brasilien als Gastgeber sind hoch. In den drei Jahren zuvor fanden die Weltklimakonferenzen in autoritär regierten Staaten statt: 2022 in Ägypten, 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten und 2024 in Aserbaidschan. In all diesen Kontexten war die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure stark eingeschränkt. Belém gilt daher als Chance, demokratische Teilhabe, Meinungsfreiheit und zivilgesellschaftliches Engagement wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Die brasilianische Regierung hat angekündigt, insbesondere indigene Gruppen, junge Menschen und soziale Bewegungen aktiv einzubinden.
Belém liegt im Herzen des Amazonasgebiets, einer ökologisch besonders bedeutenden und gleichzeitig stark gefährdeten Region. Zentrale Themen sind der Schutz tropischer Wälder, Kipppunkte im Erdsystem und naturnahe Lösungen. Mit dem angekündigten „Tropical Forest Forever Fund“ will Brasilien neue Wege in der internationalen Waldschutzfinanzierung gehen. Das Konzept sieht vor, den Erhalt von Wäldern durch regelmäßige finanzielle Ausschüttungen zu honorieren. Die genaue Ausgestaltung befindet sich noch in der Diskussion.
Darüber hinaus stehen weitere zentrale Punkte auf der Agenda:
- die Vorlage neuer nationaler Klimaziele (NDCs) für das Jahr 2035,
- ein konkreter Umsetzungsplan zur Einhaltung der bisherigen Zusagen und zur Festlegung neuer, verbindlicher Klimafinanzierungsziele,
- die Entwicklung eines globalen Rahmens für Anpassungsmaßnahmen, der besonders betroffenen Ländern mehr Planungssicherheit geben soll.
Zugleich wächst der Druck auf die Industrieländer, ihre finanziellen Versprechen einzuhalten und die Qualität der Finanzierung zu verbessern, in dem zum Beispiel verstärkt Zuschüsse statt Kredite gewährt werden, um hochverschuldete Länder nicht zusätzlich zu belasten. Denn für viele Staaten im Globalen Süden hängt die Ambition ihrer Klimaziele direkt davon ab, ob ausreichende finanzielle Unterstützung zur Verfügung steht.
Die COP30 steht somit im Spannungsfeld zwischen wachsendem Handlungsdruck, geopolitischen Interessenskonflikten und der Notwendigkeit zu globaler Zusammenarbeit. Doch trotz aller Herausforderungen bleibt die Weltklimakonferenz ein zentrales Forum für multilateralen Dialog. In Belém wird sich zeigen, ob es gelingt, das Vertrauen in die internationale Klimapolitik zu stärken und konkrete Fortschritte auf dem Weg zur Klimaneutralität zu erzielen.
Weltklimakonferenzen als Baustein für globale Klimapolitik
Die COP30 zeigt beispielhaft, wie wichtig Weltklimakonferenzen für die internationale Klimapolitik sind. Sie sind nicht nur Symbolveranstaltungen, sondern Entscheidungsplattformen für gemeinsame Regeln, Verpflichtungen und Unterstützungsmechanismen. Klimaziele, wie sie im Rahmen des Pariser Abkommens entwickelt werden, bilden die Grundlage für nationale Strategien, wirtschaftliche Weichenstellungen und soziale Transformationen.
Auch wenn der Weg zur Klimaneutralität lang ist, zeigen die vergangenen Jahre, dass internationale Zusammenarbeit Wirkung entfalten kann. Die COP30 in Belém bietet eine wichtige Gelegenheit, das Vertrauen in die multilaterale Klimapolitik zu stärken, die Umsetzung zu beschleunigen und konkrete Fortschritte messbar zu machen.
Quellen
- Beratungsstelle BEN: 10 Jahre Pariser Klimaabkommen – zwischen Fortschritt, Verzögerung und Verantwortung
- GIZ: Weltklimakonferenz 2025: Die COP30 in Belém im Überblick
- Heinrich-Böll-Stiftung: COP30 in Brasilien: Klimawandel und Klima-Kipppunkte
- Heinrich-Böll-Stiftung: COP30 ohne die USA: Klimaverhandlungen in Brasilien unter Druck
- Heinrich-Böll-Stiftung: Grundlagen der UN-Klimarahmenkonvention und ihre Umsetzung nach Kyoto & Paris
- Klimareporter°: COP 30 Belém: UN-Klimakonferenz in Brasilien
- Stern: Auch ohne Trump: Mehr als 100 US-Vertreter reisen zu Weltklimakonferenz
- Tagesschau: „Das wird eine der schwierigsten Konferenzen“