Die erste Woche COP26 zusammengefasst

Die erste Woche der COP26 bot Ankündigungen zum Schutz der Wälder, dem Kohleausstieg und dem Global Methane Pledge. Kritik kam auf wegen schwacher Ambitionen und der Anreise vieler Staatschefs per Privatjet. Geopolitische Spannungen und die Abwesenheit wichtiger Akteure prägten die Verhandlungen.

Die erste Woche COP26 zusammengefasst
Photo by Mikael Kristenson / Unsplash

Die erste Woche COP26 zusammengefasst

Wir haben die Hälfte der COP26 hinter uns. Ankündigungen von Maßnahmen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, Demonstrationen junger Klimaaktivist:innen in den Straßen von Glasgow (UK) und Rivalitäten zwischen Großmächten: Was lernen wir aus dieser ersten Woche der COP26?

Diese atemberaubende Woche für die Umwelt war Schauplatz von Ankündigungen, einigen Verpflichtungen und Erklärungen. Jedoch steht die Konferenz auch in starker Kritik. Die ersten ankündigten Maßnahmen waren nicht besonders ehrgeizig und dazu sind die meisten Staats- und Regierungschefs in Privatjets angereist. Beides hinterließ den bitteren Beigeschmack eines „heuchlerischen“ Auftretens. Vor allem weil das Auftreten wieder zeigt, dass viele „nur“ zum Reden angereist sind und nicht wirklich handeln wollen. Die Abwesenheit der chinesischen, russischen und brasilianischen Staats- und Regierungschefs fiel ebenso auf, sowie geopolitische Spannungen, die sich in die Diskussionen über die globale Erwärmung eingeschlichen haben.

Die Wissenschaft ist eindeutig, dass das Zeitfenster, in dem wir das Ziel von 1,5℃ halten und die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels vermeiden können, sich schnell schließt. Aber mit politischem Willen und Engagement können und müssen wir in Glasgow ein Ergebnis erreichen, auf das die Welt stolz sein kann.

- Alok Sharma, COP-Präsident

Das sind die Highlights der ersten Woche: Klare Verpflichtungen zu Entwaldung, Kohle und Methan

Waldschutz & Aktionsfahrplan für Wald, Landwirtschaft und Rohstoffhandel

Rund 100 Länder haben sich verpflichtet, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen. Auf diese Länder, einschließlich China, entfallen 85 % der weltweiten Wälder, die derzeit alarmierend schrumpfen. Dieser neue Plan soll dem industriellen Holzeinschlag in weniger als zehn Jahren ein Ende setzen. Laut der Greenpeace ist das Ziel zu weit entfernt und ein grünes Licht für "ein weiteres Jahrzehnt der Abholzung".

Wir werden nach konkreten Beweisen für einen Wandel in der Art und Weise suchen, wie die Mittel investiert werden. Wenn 80 Prozent der vorgeschlagenen Gelder in die Unterstützung von Landrechten und Vorschlägen indigener und lokaler Gemeinschaften fließen, werden wir eine dramatische Umkehrung des derzeitigen Trends sehen, der unsere natürlichen Ressourcen zerstört.

- Tuntiak Katak, stellvertretender Koordinator der Koordination indigener Organisationen des Amazonasbeckens (COICA)

In einem globalen Wirtschaftskontext, in dem Finanzinvestitionen Vorrang haben, ist es wichtig, die Verbindung zwischen Finanzen und Klimaschutz herzustellen. Dies wurde auf der Konferenz diskutiert. Finanzen spielen eine wichtige Rolle, da die Staats- und Regierungschefs versprachen, die Ausrichtung der Finanzströme an den internationalen Zielen zur Umkehrung von Verlusten und Schädigungen zu erleichtern und gleichzeitig Maßnahmen zur Beschleunigung des Übergangs zu einer grüneren Wirtschaft zu gewährleisten. Die von mehr als 30 Finanzinstitutionen unterzeichnete Verpflichtung, die ein weltweit verwaltetes Vermögen von über $ 8,7 Billionen abdeckt, zielt darauf ab, dies zu ändern. Sie zielt besonders darauf ab, sich von Portfolios, die in landwirtschaftliche Rohstofflieferketten mit hohem Entwaldungsrisiko investieren, abzuwenden und auf eine nachhaltige Produktion umzustellen.

Der Aktionsfahrplan für Wald, Landwirtschaft und Rohstoffhandel ist eine neue Partnerschaft zwischen den Regierungen der wichtigsten Erzeuger- und Verbraucherländer, um die Verbindung zwischen Entwaldung und Agrarrohstoffen zu durchbrechen, und wurde vom britischen Premierminister und indonesischen Präsidenten Joko Widodo unter dem Motto "Schokolade ohne Schuld" unterstützt. Der Fahrplan wird Maßnahmen einleiten, die Anreize für Nachhaltigkeit in der Lieferkette schaffen, Kleinbauern bei der Teilnahme an den Märkten unterstützen, die Transparenz der Lieferketten verbessern und neue Technologien und Innovationen für die Industrie fördern.

Außerdem wurde das Congo Basin Pledge vorgestellt, das von über 10 Ländern, dem Bezos Earth Fund und der Europäischen Union unterzeichnet wurde. Das Ziel ist es, etwa 1,5 Milliarden Dollar für den Schutz von Wäldern, Torfgebieten und anderen wichtigen Kohlenstoffspeichern zu mobilisieren. Die Initiative ist auch Teil der globalen Waldfinanzierungszusage von über 12 Milliarden Dollar.

Das Kongobecken ist das Herz und die Lunge des afrikanischen Kontinents, wir könnenden Kampf gegen den Klimawandel nicht gewinnen, wenn wir das Becken nicht erhalten.

- Ali Bongo Ondimba, gabunischer Präsident

Auch die Privatwirtschaft und große globale Unternehmen tragen ihren Teil der Verantwortung für die Klimakrise. Umso wichtiger und begrüßenswerter ist es, dass sie sich finanziell für den Klimaschutzengagieren. Amazon-Gründer Jeff Bezos versprach weitere 2 Milliarden Dollar für die Wiederherstellung der Natur und die Umwandlung der Lebensmittelsysteme. Der Fonds hatte bereits im September weitere 1 Milliarde Dollar zugesagt.

Global Clean Power Transition

Alok Sharma kündigte das neue Global Clean Power Transition Statement an, eine Verpflichtung zur Beendigung von Kohleinvestitionen, zum Ausbau der sauberen Energieversorgung, zu einem gerechten Übergang und zum Ausstieg aus der Kohle bis 2030 in den großen Volkswirtschaften und bis 2040 in anderen Ländern.

190 Staaten, Regionen und Organisation haben zugesagt, aus der Kohle auszusteigen. Laut wissenschaftlichen Analyst:innen müssten 2030 Industriestaaten und 2040 Schwellenländer das letzte Kohlekraftwerk abschalten. Die Verpflichtung spricht jedoch von „in den dreißiger/vierziger“ Jahren. Daher besteht Kritik an der Formulierung, denn Staaten könnten erst 2039 das letzte Kohlekraftwerk abschalten. Das wäre im Rahmen der Verpflichtung jedoch fast 10 Jahre zu spät für die Erreichung des Pariser Abkommens. Darüber hinaus weigern sich leider immer noch Länder, die zu den größten Kohleverbrauchern gehören, wie China, Indien, Japan, Australien und die Vereinigten Staaten, sich zu verpflichten - eine bedauerliche Bremse für den ökologischen Fortschritt.

Außerdem haben sich mindestens 19 Länder verpflichtet, bis Ende 2022 die Auslandsfinanzierung von Projekten für fossile Brennstoffe ohne Kohlenstoffabscheidungstechnologie einzustellen, darunter auch große Investoren wie die USA und Kanada. Einige G20-Staaten haben sich kürzlich darauf geeinigt, die Unterstützung von Kohlekraftwerken in Übersee einzustellen.

Global Methane Pledge

US-Präsident Joe Biden und die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen haben eine Allianz von mehr als 100 Ländern, den Global Methane Pledge ins Leben gerufen. Auf diese 100 Länder entfallen mehr als 40% der weltweiten Methanemissionen. Durch die Vereinbarung sollen die Methanemissionen um rund 30 % zwischen 2020 und 2030 reduziert werden. Außerdem wäre diese Allianz ein wichtiger Schritt, so Ursula von der Leyen, denn

Methan ist eines der Gase, die wir am schnellsten reduzieren können. Das wird den Klimawandel sofort verlangsamen.

In der Tat ist Methan mengenmäßig das zweitwichtigste Treibhausgas nach Kohlenstoffdioxid (CO2). Es ist daher dringend erforderlich, zusätzlich zu den unverzichtbaren Maßnahmen zur Verringerung der CO2-Emissionen auch Maßnahmen zur Reduzierung der Methanemissionen durchzuführen. Während die Europäische Union und die Vereinigten Staaten zur Global Methane Pledge dazugehören, fehlen leider noch die große Verschmutzter wie China, Indien und Russland.

Denunziationen indigener Völker und Solidarität mit den vom Klimawandel betroffenen Ländern

Ein besonderer Schwerpunkt lag auf der Solidarität mit den Ländern, die am stärksten unter dem Klimawandel leiden, nämlich die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) und die Inselentwicklungsstaaten (SIDS). Das beinhaltet dringende Finanzierung dieser Länder durch Klimafinanzierung, Beihilfen und Zuschüsse. Dazu griff Txai Suruí, eine Aktivistin aus dem Amazonasgebiet, das Problem auf, dass Klimaaktivisten aus dem globalen Süden oft Opfer von Mordanschlägen werden. Diese Tatsachen werden leider allzu oft zugunsten von kriminellen Organisationen ignoriert. Weiterhin wies Elizabeth Wathuti aus Kenia (Gründerin der Green Generation Initiative) darauf hin, dass die Ergebnisse der COP26 über die Versorgung mit sauberem Wasser und Nahrungsmitteln für die ärmsten Bevölkerungen entscheiden werden. Zudem betonte Tuntiak Katak, stellvertretender Koordinator der Koordination indigener Organisationen des Amazonasbeckens, seine besonders strenge Auffassung des Glasgower Wald- und Landversprechens.

Geopolitische Spannungen

Schließlich kam es auf der Konferenz auch zu geopolitischen Spannungen, insbesondere zwischen dem US-amerikanischen Regierungschef Joe Biden und dem russischen Staatschef Wladimir Putin sowie dem chinesischen Staatschef Xi Jinping, bei denen es um die Frage ging, wie ernst die Klimakrise und die Maßnahmen für einen besseren Klimaschutz genommen werden.

Privatjets, „blah blah blah“ und "Heuchelei" auf der Konferenz

Am Freitag, den 5. November, gingen tausende junge Menschen in Glasgow auf die Straße mit dem Vorwurf, die Politiker würden leere Versprechungen machen. Das Ziel war es, die Regierungen zum Handeln zu bewegen. Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg bezeichnete diesen COP als "gescheitert". Auch die Privatjet-Reisen vieler führender Politiker wie Boris Johnson von London nach Glasgow und Ursula von der Leyen von Brüssel nach Glasgow wurden stark kritisiert und trugen dazu bei, das Paradoxon der COP26 zu verdeutlichen. Zudem prangerten mehrere NGOs die am Mittwoch, 3.  November, verhängten Zugangsbeschränkungen an. Tatsächlich konnten Tausende von Expert:innen nicht an den Verhandlungen teilnehmen, was die behauptete Inklusivität dieser COP infrage stellt und Zweifel an ihrer Transparenz aufkommen lässt.

Glasgower Finanzallianz für Netto-Null

Der ehemalige Gouverneur der Bank of England, Mark Carney kündigte die Glasgow Financial Alliance for Net Zero an, eine Gruppe von Bänker:innen, Versicherer:innen und Investor:innen, die sich verpflichtet haben, den Klimawandel in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen. Er betonte, dass er NetZero als die kritische Infrastruktur des neuen Finanzsystems ansieht. Die Verpflichtung ist mit einem Pfad verbunden, auf dem die beteiligten Unternehmen, darunter die meisten westlichen Großbanken, wissenschaftlich fundierte Richtlinien anwenden müssen, um bis 2050 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Dazu müssten sie sich zu Zwischenzielen für eine 50-prozentige Reduzierung bis 2030 und sogar eine zusätzliche 25-prozentige Reduzierung in den nächsten fünf Jahren verpflichten. Dr. Güenther Thallinger, Mitglied des Vorstands der Allianz SE, drückte sein Engagement für die Glasgow Financial Alliance aus.

Nach Ansicht der Financial Alliance for Net Zero können private Finanzmittel dazu beitragen, Initiativen des Privatsektors zu finanzieren und die Milliarden, die über öffentliche Kanäle für Klimainvestitionen bereitgestellt werden, in Billionen von Gesamtklimainvestitionen zu verwandeln. Um jedoch einen systemischen Wandel zu erreichen, sind gemeinsame, ehrgeizige Verpflichtungen und kurzfristige Maßnahmen im gesamten Finanzsystem erforderlich. Die Leiterin des UN-Umweltprogramms (UNEP), Inger Andersen, bestätigt dies und erklärt:

Unser Bericht über die Emissionslücke zeigt es: Es sind noch etwa 500 Gigatonnen [an CO2-Emissionen] übrig, mit den derzeitigen NDCS (nationalen Emissionsreduktionsplänen) haben wir 4 Gigatonnen [Emissionen] genommen, aber wir stoßen 55 pro Jahr aus. Das passt nicht zusammen. Es gibt einige echte Möglichkeiten für den Finanzsektor, wir müssen uns von Kohle, Öl und Gas fernhalten.

Auf der COP15 im Jahr 2009 wurde eine Klimafinanzierung in Höhe von 100 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2020 vereinbart, um die Widerstandsfähigkeit, Anpassung und Energiewende in den Entwicklungsländern zu unterstützen. Dieses Versprechen ist nun offiziell auf 2023 verschoben worden.

So endet die erste Woche der COP26, in der in vielen Diskussionen Entscheidungen und Ankündigungen für die Zukunft der Menschheit getroffen wurden. Was uns in Erinnerung geblieben ist, sind neben vielen Beschlüssen, eher der Eindruck an mangelnden Ambitionen, jetzt einen schnellen und konkreten Kurswechsel vorzunehmen. Die Dringlichkeit der Situation scheint sich auf leere Reden und Entscheidungen zu beschränken, die zwar konkret sind, aber dennoch nicht ausreichen. Die Veröffentlichung des Adaptation Gap Reports 2021 des UNEPs am 1.11.2021 zeigte deutlich, dass wir derzeit auf dem besten Weg sind, bis zum Ende des Jahrhunderts einen Anstieg um 2,7 Grad zu erleben. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass in der kommenden Woche noch ehrgeizigere Maßnahmen ergriffen werden.

Nach dieser intensiven Woche voller Informationen und Emotionen werden wir auch die nächsten Ankündigungen aufmerksam verfolgen.

Hoffnungsvoll verbleiben wir: We can still make it! #COP26#climateemergency #actnow #COPforfuture #youthclimate #savetheplanet

Quellen

Copernicus(2021, 1. November) ECMWF at the United Nations COP26 Climate Change Conference

Franceinter (2021, 6. November) Ce qu'il faut retenir dela première semaine de la COP26

UNClimate Change Conference UK 2021 (2021) Latest News

UnitedNations Environment Programme (2021) Adaptation Gap Report 2021

UnitedNations News (2021) Special Coverage of COP26

Wright,A. (2021, 5. November) COP26: The first five days, a brief summary

https://www.tagesschau.de/ausland/klima-cop26-kohleausstieg-101.html