Was lernen wir von der Weltklimakonferenz in Glasgow?

COP26 brachte Fortschritte, etwa die US-China-Kooperation und den Glasgow-Klimapakt, doch ambitionierte Beschlüsse fehlen. Besonders der Kohleausstieg wurde abgeschwächt, und ärmere Länder erhielten nicht die nötigen Finanzhilfen. Der Pfad zur 1,5°C-Begrenzung bleibt unsicher.

Was lernen wir von der Weltklimakonferenz in Glasgow?
Photo by CHUTTERSNAP / Unsplash

Die COP26 ist nach zwölf Tagen voller Sitzungen, Verhandlungen, Ankündigungen und Emotionen zu Ende gegangen. Was sind die wichtigsten Punkte, die von diesem zweiten Teil der Klimakonferenz? Ein fesselndes Spektrum über Themen "was getan werden muss" und "was getan wurde", jedoch gab es wenige überraschende, ehrgeizige Entscheidungen. Aus unserer Sicht können wir die Bilanz ziehen, dass die Klimakonferenz wichtige Themen vorangebracht hat, aber angesichts des ökologischen Notstands bei entscheidenden Fragestellungen zu wenig beschlossen wurde. Es folgt eine Zusammenfassung der Highlights aus der COP26 Woche 2.

‍Aktualisierung des Deckungsbeschlusses

Der Deckungsbeschluss ist ein verhandeltes, übergreifendes Dokument mit dem Ziel, den Schwung, der sich aus dem Beitritt der Länder zur Methan-Verpflichtung und der Ankündigung des Ausstiegs aus der Kohle ergibt, aufzunehmen und in Entscheidungen umzusetzen.

Artikel 6 des Pariser Abkommens über Kohlenstoffmärkte

Sechs Jahre nach ihrem Beginn wurden die Verhandlungen über Artikel 6 des Pariser Abkommens abgeschlossen. Dieser soll das Funktionieren und die Umsetzung von internationalen Kohlenstoffmärkten (d. h. die Möglichkeit des Handels mit CO2-Reduktionseinheiten) auf globaler Ebene absichern. Dies wird sowohl den marktwirtschaftlichen als auch den nicht-marktwirtschaftlichen Ansätzen zur Unterstützung von Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen Sicherheit und Vorhersehbarkeit verleihen. Außerdem wurden die Verhandlungen über den erweiterten Transparenzrahmen abgeschlossen, der vereinbarte Tabellen und Formate für die Rechenschaftslegung und Berichterstattung über Ziele und Emissionen vorsieht.

"Ich danke dem Vorsitz und allen Ministern für ihre unermüdlichen Bemühungen während der gesamten Konferenz und gratuliere allen Parteien zur Fertigstellung des Regelwerks. Dies ist eine hervorragende Leistung! Es bedeutet, dass das Pariser Abkommen nun zum Nutzen aller voll funktionieren kann, jetzt und in Zukunft." sagte Patricia Espinosa, Exekutivsekretärin der UN-Klimakonferenz.

Allianz "Jenseits vonÖl und Gas“ – „Beyond Oil and Gas Alliance“

Eine Gruppe, die sich für den Ausstieg aus der Produktion fossiler Brennstoffe einsetzt, hat auf der COP26 offiziell ihre Arbeit aufgenommen. Die von Dänemark und Costa Rica geleitete und Anfang des Jahres gegründete Beyond Oil and Gas Alliance gab neue Mitglieder bekannt, darunter Frankreich, Schweden und Irland, sowie assoziierte Mitglieder wie Neuseeland. Die fünf größten Ölproduzenten der Welt - die USA, Saudi-Arabien, Russland, Kanada und China - gehören jedoch nicht zu den Mitgliedern der Gruppe.

Überraschende Klimakooperation zwischen den USA und China

Die Konferenz wurde am 10. November von der Ankündigung überrascht, dass die beiden größten Emittenten der Welt, China und die USA, bei der Bekämpfung des Klimawandels zusammenarbeiten werden. Trotz der offensichtlichen Spannungen zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staatschef Xi Jinping scheinen einige dieser Differenzen in den letzten Tagen der COP26 beiseitegelegt. Die Länder sichern eine Zusammenarbeit zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5⁰C , unter anderem durch die Reduzierung der Treibhausgasemissionen in diesem Jahrzehnt zu. Darüber hinaus wurde eine engere Zusammenarbeit zur Entwicklung von Technologien zur Kohlenstoffabschneidung, Verringerung von Abholzungen und zur Förderung grüner Energie versprochen. Jedoch haben die Länder dazu keine genauen Angaben gemacht. Daher bleibt es abzuwarten, wie diese Versprechen in die Tat umgesetzt werden.

Klimapakt Glasgow – Glasgow Climate Pact

Die 196 Länder, die an der COP26 teilnahmen, haben am Samstag, den 13. November, ein Abkommen zur Beschleunigung des Kampfes gegen die globale Erwärmung verabschiedet. Allerdings ohne die Einhaltung der Ziele des Pariser Abkommens zur Begrenzung der Erwärmung auf weniger als 2°C zu garantieren oder auf die Hilfsanfragen der armen Länder zu reagieren. In der entscheidenden Frage der Temperaturbegrenzung fordert der Text die Mitgliedstaaten auf, ihre Reduktionsverpflichtungen ab 2022 regelmäßiger als im Pariser Abkommen vorgesehen zu erhöhen, jedoch mit der Möglichkeit von Anpassungen für "besondere nationale Umstände". Dieser Punkt hat zu Kritik seitens der NGOs an den tatsächlichen Ambitionen des Textes geführt.

Die Einigung bietet dem britischen Ratsvorsitz lediglich die Möglichkeit, das Glasgow Ziel, „die 1,5-Prozent am Leben zu erhalten“, als Erfolg zu verbuchen. Der New York Times zufolge wird der Erfolg oder Misserfolg des neuen Abkommens von der Bereitschaft der Staats- und Regierungschefs abhängen, neue Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen zu ergreifen.

Trotz der Beschlüsse und Verpflichtungen werden die ergreifenden Reden der Vertreter von Gebieten, die bereits stark vom Klimawandel betroffen sind, wie z. B. die kleinen Inselstaaten in Erinnerung bleiben, ebenso wie die starke Kritik an der Untätigkeit der Großmächte.

Gefährdete Länder, Solidarität, Verluste und Schäden

Anfällige Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen, leiden am meisten unter dessen Folgen. Das erklärte Simon Kofe, der Außenminister der acht Inseln und 12.000 Einwohner der Inselgruppe Tuvalu im Pazifischen Ozean. In einer Pressekonferenz, die symbolisch direkt vom Meer aus stattfand, forderte er CO2-Neutralität und eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5°C. Es sollte möglich sein, die Begrenzung einzuhalten. Tatsächlich spürt die Inselgruppe bereits die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere den Anstieg des Meeresspiegels.

Die Anreise nach Glasgow ist bereits aus finanziellen Gründen für viele Entwicklungsländer nicht möglich. Aber in diesem Jahr fügte die Pandemie einer weitere Ebene der Ungleichheit hinzu. Die Anreisebestimmungen sowie auch Visa Anträge haben Anreisen aus bestimmten Länder unmöglich gemacht. Somit wurde die COP26 für ihren Mangel an Inklusivität kritisiert und führte außerdem nicht zu ausreichenden Entscheidungen, um die Dringlichkeit und die Herausforderungen der von der Klimakrise am stärksten betroffenen Länder anzugehen.

Die COP26 war daher leider eine Enttäuschung für diese am stärksten betroffenen Länder, trotz der einigen Ankündigungen für den Anpassungsfonds. Sie haben nicht die erwartete Finanzierung für die Schäden und Verluste erhalten, die sie bereits erlitten haben. Darüber hinaus werden die versprochenen 100 Milliarden Dollar pro Jahr auch nicht vor 2023 erreicht. Schließlich wurden auch die von ihnen beantragten Mittel für die Anpassung an den Klimawandel nicht bewilligt. In der Tat haben die reichen Länder unter der Führung der USA die Bereitstellung zusätzlicher Mittel in Höhe von 600 Milliarden US-Dollar für Verluste und Schäden blockiert. Diese Mittel wären eine Antwort auf die unumkehrbaren Auswirkungen des Klimawandels in den am meisten gefährdeten Ländern gewesen. Die Blockierung soll zum Teil darauf zurückzuführen sein, dass die USA mögliche rechtliche Konsequenzen fürchten.

Vom "phasing out" aus der Kohle zum "phasing down" der Kohle: eine folgenschwere Umformulierung

In letzter Minute wurde es dramatisch: Indien, unterstützt von China und anderen kohleabhängigen Entwicklungsländern (Iran, Venezuela und Kuba), lehnte eine Klausel ab, die den "Ausstieg" aus der Kohleverstromung forderte. Nach einem Gedankenaustausch zwischen den Abgesandten Chinas, Indiens, der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union wurde die Klausel in aller Eile dahingehendabgeändert, dass die Länder aufgefordert wurden, ihren Kohleverbrauch "schrittweise zu reduzieren", mit einem Hinweis auf die "besonderen nationalen Gegebenheiten". Der indische Umwelt- und Klimaminister Bhupender Yadav sagte, die Änderung spiegele die "nationalen Gegebenheiten der Schwellenländer" wider und erklärte, der Pakt habe die Kohle "herausgegriffen", aber Öl und Erdgas verschwiegen.

Alok Sharmas Stimme löste einen Gefühlsausbruch aus, nachdem er von gefährdeten Nationen hörte, die ihre Verärgerung über die Änderungen am Text zum Ausdruck brachten, sagte er: "Ich möchte mich bei allen Delegierten für die Art und Weise entschuldigen, wie sich dieser Prozess entwickelt hat, und es tut mir zutiefst leid.“

"Wir glauben, dass wir in einem intransparenten und nicht inklusiven Prozess übergangen wurden", behaupte Mexikos Gesandte Camila Isabel Zepeda Lizama. "Wir alle haben noch Bedenken, aber uns wurde gesagt, wir könnten den Text nicht wieder öffnen ... während andere immer noch darum bitten können, ihre Versprechen zu lockern."

Der Fortschritt beim Kohleausstieg ist jedoch nicht zu unterschätzen. Der Druck, bis 2030 aus der Kohle sowie aus internationaler Finanzierung für fossile Energien auszusteigen, wird von anderen Staaten, vom Finanzmarkt, der Justiz und vor allem der Zivilgesellschaft kommen. Auch die Finanzierung und Subventionen für Öl und Gas werden nun stark in den Fokus gebracht.

Keine Garantie für das Erreichen des Ziels von 1,5°C globaler Erwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts

Mit der Aufforderung an die Staaten, sich bis zum nächsten Jahr strengere Ziele für die Senkung der klimawirksamen Emissionen zusetzen, räumte das Abkommen ein, dass die Verpflichtungen immer noch ungenügend sind. Nationale Zusagen lassen die Welt derzeit auf eine Erwärmung von etwa 2,4°C zusteuern. Es handelt sich also um eine unzureichende Aufzeichnung, was sich auch im Text der endgültigen COP-Entscheidung widerspiegelt. Zum ersten Mal werden in diesem Text fossile Brennstoffe erwähnt, aber die Notwendigkeit, sofort alle Investitionen in neue Öl-, Gas- und Kohleprojekte zu stoppen, wird immer noch nicht umgesetzt, und es wird auch kein konkreter Zeitplan genannt.

Wir stellen also einen Mangel an Verantwortungsbewusstsein seitens der Staats- und Regierungschefs fest, vor allem, wenn wir die Paradoxien sehen, die aus dieser Konferenz hervorgehen (wirtschaftliche Interessenkonflikte, Privatjets und exklusive Verhandlungen). So hinterlässt diese COP26 einen bitteren Beigeschmack und vermittelt den Eindruck, dass "schmerzhafte Entscheidungen aufgeschoben werden", wie die Schweizer Tageszeitung "Le Temps" es beschreibt.

Schlussfolgerung

Nach der Erklärung des Generalsekretärs zum Abschluss der UN-Klimakonferenz COP26 wurden die Ziele auf der Konferenz nicht erreicht, wobei einige Bausteine für Fortschritte geschafft wurden. Er qualifiziert weiterhin die Ergebnisse als "willkommene Schritte", bevor er darauf hinweist, dass sie jedoch "nicht genug" seien. In seiner Schlussfolgerung führt er weiter aus:

‍*"Die Wissenschaft sagt uns, dass die absolute Priorität eine schnelle, tiefgreifende und nachhaltige Emissionsreduzierung in diesem Jahrzehnt sein muss. Konkret: eine Senkung um 45 % bis 2030 im Vergleich zum Stand von 2010. Aber die derzeitigen national festgelegten Beiträge werden die Emissionen in diesem Jahrzehnt noch erhöhen, und zwar auf einem Weg, der uns bis zum Ende des Jahrhunderts deutlich über die 2-Grad-Marke im Vergleich zum vorindustriellen Niveau führen wird.“*

Es ist daher zwingend erforderlich, die Ambitionen für die nächste COP deutlich zu erhöhen und radikale Entscheidungen zu treffen, die eine spürbare Wirkung haben. Darüber hinaus sollte die Solidarität mit den gefährdeten Ländern im Mittelpunkt der Diskussionen stehen, vor allem, wenn man sieht, dass europäische Länder wie Frankreich finanzielle Hilfsinitiativen für gefährdete Länder blockiert haben. Schließlich müssen jetzt Entscheidungen für die Zukunft getroffen werden.

Wie der UN-Generalsekretär sagte: "Wir haben noch viele Samen auf dem Weg zu säen."

Für uns als worldwatchers bedeutet es, dass es noch wichtiger wird, CO2-Transparenz ganzheitlich herzustellen und Innovation im Bereich der Kreislaufwirtschaft von Produkten und Industrien unsere einzige Chance sind, die Klimakrise zu bewältigen.

We can still make it! #COP26 #climateemergency #actnow #netzero #youthclimate #savetheplanet

Quellen

European Commission (2021, 13. November) Press release - COP26: EU helpsdeliver outcome to keep the Paris Agreement targets alive

Eurotopics (2021, 12. November) Cop26 geht zu Ende: Wo ist der gemeinsame Nenner? Eurotopics

Evans, S. et al. (2021, 15. November) The UN climate conference, COP26,finally took place in Glasgow, with expectations and tensions running highafter a year-long delay due to the Covid-19 pandemic. CarbonBrief – Clear onClimate

Germanwatch (2021, 13. November) Pressemitteilung - Ein Wendepunkt für die Kohle - aber 1,5 Grad noch nicht in Reichweite

Goswami, U. (2021, 8. November) Talks over ‘cover decision’ at COP26:Time for nations to walk the talk. The Economic Times

Reseau Action Climat (2021, 13. November) Bilan de la COP26 : les pays du Sudabandonnés par les pays riches. Reseau Action Climat

Reuters (2021, 13. November) 'Deeply sorry': UK's Sharma offers apologyfor last-minute changes to climate deal. Reuters

Taylor-Rosner,N. (2021, 14. November) “Pâle compromis” : à Glasgow, la COP26 accouche d’unpacte en demi-teinte. Courrier International

UN Climate Change Conference UK 2021 (2021) Latest News.

United Nations (2021, 13. November) External Statement -Secretary-General's Statement on the Conclusion of the UN Climate ChangeConference COP26

United Nations (2021, 21. April) External Press Release - New FinancialAlliance for Net Zero Emissions Launches

Volcovici, V., Abnett, K. und James, W. (2021, 14. November) U.N.climate agreement clinched after late drama over coal. Reuters