"Zu gut für die Tonne!" – Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung

"Zu gut für die Tonne!" – Gemeinsam gegen Lebensmittelverschwendung
Photo by simon peel / Unsplash

In Deutschland landen jedes Jahr Millionen Tonnen genießbarer Lebensmittel im Müll. Das hat gravierende Folgen für Umwelt, Klima und soziale Gerechtigkeit. Noch bis zum 6. Oktober 2025 läuft die bundesweite Aktionswoche "Zu gut für die Tonne!" – eine Initiative des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat.

In dieser Woche setzen Menschen in ganz Deutschland mit kreativen Aktionen ein Zeichen gegen Verschwendung. Ob Koch-Workshops, Restekoch-Challenges, Bildungsveranstaltungen an Schulen, Lebensmittel-Tauschaktionen, Thementage in Supermärkten oder Info-Stände auf Wochenmärkten – die Vielfalt der Projekte ist groß.

Eine Übersicht aller Mitmachaktionen findest du auf der offiziellen Aktionskarte von "Zu gut für die Tonne!": Aktionen entdecken auf zugutfuerdietonne.de

Lebensmittelverschwendung ist ein globales Problem

Weltweit werden nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen jedes Jahr rund 1,3 Milliarden Tonnen essbare Lebensmittel weggeworfen. Allein in Deutschland fallen pro Jahr etwa 11 Millionen Tonnen an, davon rund 6,5 Millionen Tonnen in privaten Haushalten.

Lebensmittelverschwendung bedeutet jedoch nicht nur, dass Nahrung verloren geht. Jeder Apfel, jedes Brot und jedes Stück Käse hat bereits wertvolle Ressourcen verbraucht, bevor es im Müll landet. Für Anbau, Verarbeitung, Transport und Lagerung werden Ackerflächen, Wasser, Energie und Arbeitszeit eingesetzt. Wird das Lebensmittel entsorgt, verursacht es zusätzlich Treibhausgase bei der Abfallverwertung.

Der ökologische Fußabdruck ist enorm: Die vermeidbare Verschwendung in Deutschland verursacht jährlich rund 22 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente. Das ist etwa doppelt so viel wie die gesamte deutsche Abfallwirtschaft. Zudem werden über 2,6 Millionen Hektar Agrarfläche bewirtschaftet, nur damit die dort angebauten Lebensmittel später entsorgt werden.

Ziele der Aktionswoche 2025

Die Initiative "Zu gut für die Tonne!" wurde 2012 ins Leben gerufen und verfolgt seitdem das Ziel, die Wertschätzung für Lebensmittel zu fördern und die Verschwendung deutlich zu reduzieren.

Im Rahmen der sechsten Aktionswoche im Jahr 2025 stehen insbesondere praktische Alltagstipps im Mittelpunkt. Dazu gehören die sinnvolle Planung von Einkäufen, die richtige Lagerung von Lebensmitteln und Ideen zur kreativen Resteverwertung.

Zudem verweist das Bundesministerium auf das übergeordnete Ziel, das auch Teil der UN-Nachhaltigkeitsagenda ist: Bis zum Jahr 2030 soll die Lebensmittelverschwendung pro Kopf auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbiert werden.

Wo Lebensmittelverschwendung entsteht

Lebensmittel gehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette verloren. Das beginnt bereits in der Landwirtschaft und endet im privaten Haushalt. Die wichtigsten Ursachen im Überblick:

  • Landwirtschaft
    • Aussortierung von Obst und Gemüse wegen Form, Größe oder äußerer Makel
    • Überproduktion oder fehlende Abnahme durch Handel
    • Verlust auf dem Feld durch Ernte- oder Lagerprobleme
  • Lebensmittelverarbeitung
    • Technische Störungen und Produktionsüberhänge
    • Transportschäden oder falsche Lagerung
    • Verluste bei Sortierung und Weiterverarbeitung
  • Handel
    • Entfernen von Produkten kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums
    • Überangebot und große Verpackungseinheiten
    • Marketingstrategien, die zu Mehrkäufen und höheren Abfällen führen
  • Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung
    • Zu große Portionen und schlecht planbare Nachfrage
    • Überproduktion bei Buffets
    • Mangelnde Übersicht über Mengen und Reste
  • Privathaushalte
    • Fehlende Einkaufsplanung und zu große Vorräte
    • Falsche Lagerung von Lebensmitteln
    • Missverständnisse beim Mindesthaltbarkeitsdatum
    • Wegwerfen von noch genießbaren Resten

Was jede:r tun kann

Ein Großteil der vermeidbaren Lebensmittelabfälle entsteht im privaten Haushalt. Mit bewussteren Konsumentscheidungen und kleinen Veränderungen im Alltag lässt sich die Verschwendung deutlich reduzieren. Folgende Maßnahmen können dabei unterstützen:

  • Einkäufe planen und Vorräte prüfen: Eine strukturierte Einkaufsliste hilft dabei, nur das zu kaufen, was tatsächlich benötigt wird. Vor dem Einkauf lohnt sich ein Blick in Kühl- und Vorratsschrank.
  • Lebensmittel richtig lagern: Eine sachgerechte Lagerung verlängert die Haltbarkeit. Schnell verderbliche Produkte gehören in die kältesten Zonen des Kühlschranks, Reste sollten luftdicht verpackt aufbewahrt werden.
  • Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) differenziert betrachten: Lebensmittel, deren MHD überschritten ist, sind häufig noch genießbar. Geruch, Aussehen und Geschmack bieten in vielen Fällen zuverlässige Hinweise auf die Verzehrfähigkeit.
  • Reste weiterverwenden: Gekochte Speisen können eingefroren oder am Folgetag weiterverwertet werden. Ideen für Resteverwertung bieten zahlreiche Rezeptplattformen sowie Initiativen wie „Zu gut für die Tonne!“.
  • Lebensmittel teilen oder spenden: Überschüssige Produkte können über Plattformen wie foodsharing.de weitergegeben oder in öffentlichen "Fairteilern" zur Verfügung gestellt werden.
  • Initiativen für gerettete Lebensmittel unterstützen: Anbieter wie SIRPLUS, etepetete oder ResteRetter verkaufen gerettete Lebensmittel oder optisch nicht normgerechtes Obst und Gemüse. Der bewusste Einkauf bei solchen Plattformen fördert die Verwertung und verhindert Entsorgung.
  • Bewusst einkaufen: Obst und Gemüse mit kleineren Makeln sind genauso genießbar wie makellose Ware. Der gezielte Griff zu solchen Produkten kann ein Signal an den Handel senden.

Auch Bildungseinrichtungen, Gemeinschaftsverpflegung und Großhaushalte können durch optimierte Planung und portionsgerechte Angebote zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen beitragen.

Politische und gesellschaftliche Verantwortung

Obwohl jede Person im Alltag einen Beitrag leisten kann, braucht es auch strukturelle Veränderungen. Die Aktionswoche ist ein wichtiger Impulsgeber, doch die Herausforderungen bestehen das ganze Jahr über.

Neben individuellen Maßnahmen sind auch Politik, Wirtschaft und Institutionen gefragt, bessere Rahmenbedingungen für die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung zu schaffen. Einige Beispiele für bereits bestehende oder diskutierte Ansätze sind:

  • Förderprogramme wie das Projekt "TafelConnect". Es unterstützt die effizientere Verteilung von Großspenden durch Digitalisierung der Logistikprozesse.
  • Der Abbau rechtlicher Hürden für Lebensmittelspenden. Ziel ist es, den Spendenprozess einfacher und rechtssicher zu gestalten, um mehr überschüssige Lebensmittel weitergeben zu können.
  • Eine Reform der Vermarktungsnormen. So könnten weniger Lebensmittel aussortiert werden, nur weil sie nicht bestimmten optischen Standards entsprechen.
  • Die Debatte um das sogenannte "Containern". Der bisher gescheiterte Versuch, das Retten entsorgter Lebensmittel aus Supermarktcontainern zu entkriminalisieren, zeigt, wie kontrovers dieses Thema weiterhin ist.

Diese Beispiele zeigen: Es gibt vielfältige Ansatzpunkte, doch viele davon sind langfristig angelegt. Lebensmittelverschwendung zu reduzieren ist eine dauerhafte gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die konsequentes Handeln erfordert – von Verbraucherinnen und Verbrauchern ebenso wie von Unternehmen, Bildungseinrichtungen und politischen Entscheidungsträgern.

Gemeinsam mehr Wertschätzung für Lebensmittel

Die Aktionswoche "Zu gut für die Tonne!" zeigt, wie wichtig der bewusste Umgang mit Lebensmitteln ist – nicht nur für Umwelt und Klima, sondern auch aus sozialer Verantwortung.

Mit kleinen Schritten im Alltag, einer kritischen Auseinandersetzung mit unseren Konsumgewohnheiten und der Unterstützung politischer Maßnahmen können wir alle dazu beitragen, Lebensmittelabfälle zu reduzieren.

Nutze die Gelegenheit, dich über laufende Aktionen in deiner Region zu informieren, neue Rezepte auszuprobieren oder dein Wissen mit anderen zu teilen. Jeder Beitrag zählt! Viel Freude beim Entdecken 🍎🥦🫶💫

Quellen