Blick über den Tellerrand — Nachhaltigkeit in Südkorea
Südkorea führt in Sachen Mülltrennung und Abfallmanagement, aber hat noch Verbesserungsbedarf bei Verpackungen und dem Lieferservice. Zusammenarbeit mit Deutschland könnte beim Klimaschutz helfen.
Zwischen Deutschland und Südkorea liegen über 8.000 Kilometer. Die südkoreanische Halbinsel ist nicht einmal halb so groß wie Deutschland. In Fußballfeldern bedeutet das: 14 Millionen Fußballfelder versus 50 Millionen Fußballfeder. Trotzdem ist uns das kleine Land in einigen Aspekten voraus, was das Thema Nachhaltigkeit angeht.
Mülltrennung
In Sachen Abfallwirtschaft ist Südkorea weltweiter Spitzenreiter. Der Welt-Abfall-Index 2022 platziert das Land auf Platz 1, Deutschland folgt auf dem dritten Platz. Ein Faktor, der die Wertung positiv beeinflusst, ist die Mülltrennung. Während der deutsche Abfall entweder in die Restmüll-, die Bio- oder Papiertonne bzw. den gelben Sack wandert, geht Südkorea noch einen Schritt weiter. Es gibt zwar kein Pfandsystem wie in Deutschland, aber Getränkebehälter werden in Dosen, PET (Hartplastik), gestrichenes Papier (z.B. Milchkartons) und Glas getrennt. Dasselbe gilt für anderen Abfall. Weitere Kategorien sind Weichplastik und (ungestrichenes) Papier, welches gestapelt und zusammengebunden werden müssen. Die große Auswahl an Mülltonnen wirkt auf den ersten Blick verwirrend.
Aber das ist noch nicht alles — biologisch abbaubare Abfälle müssen getrennt gesammelt werden. Knochen, Eierschalen und Muscheln gehören in den Restmüll. Wer falsch trennt, kann heftige Bußgelder erwarten. Oft findet man in Südkorea auch sogenannte Essensmülltonnen, die Speiseabfälle wiegen und mithilfe des Personalausweises einem Haushalt zuordnen, der die Gebühren für den Abfall bezahlt.
Öffentliche Mülleimer
Mal eben den Coffee-to-go-Becher in den nächsten Abfalleimer werfen? In Südkorea schwer möglich. Öffentliche Mülleimer sind eine Rarität und das nicht ohne Grund. Wer Müll verursacht, soll auch dafür blechen, so der Gedanke hinter dem Mülleimer-Mangel. Vor diesem drastischen Schritt versuchten viele, das „Pay-as-you-throw“ (PAYT-System) zu umgehen und entsorgten ihren Müll illegal in öffentlichen Abfalleimern. Die südkoreanische Regierung reagierte und sorgte dafür, dass jeder Kaffebecher seiner rechtmäßigen (und bezahlten) Tonne zugeführt wird.
Lieferservice
Allerdings gibt es auch im Abfallwirtschaftsland Nummer eins noch verbesserungswürdige Aspekte. Denn die Südkoreaner:innen bestellen gerne alles Mögliche nach Hause: Essen, Lebensmittel, Möbel, Alltagsgegenstände usw. Besonders das Essen wird oft in viel Plastik verpackt. Der Online-Markplatz Coupang bietet eine „Rocket Delivery“ an, wer bis Mitternacht bestellt, bekommt seine Bestellung über Nacht geliefert. Das geht nicht nur auf Kosten der Angestellten, sondern auch auf die Umweltbilanz - die Straßen der Hauptstadt Seoul sind Tag und Nacht voll von motorisierten Lieferanten.
Verpackungen
In Deutschland setzen viele Supermärkte auf weniger Verpackungsmaterial, gerade bei Obst und Gemüse. Manche bieten wiederverwendbare Obst- und Gemüsenetze an. Unverpacktläden werden immer populärer.
In Südkorea hingegen finden sich in manchen Läden einzeln verpackte Bananen, in einer Styroporschale, mit Klarsichtfolie umwickelt. Pfirsiche in riesigen Plastikboxen, die Früchte einzeln in Schaumnetzen. Kekse, einzeln verpackt mit zusätzlicher Plastikumhüllung. Die Liste ist lang.
Erneuerbare Energien
Unternehmen in Deutschland wie Südkorea sind internationalen Übereinkommen und Initiativen beigetreten, die sich für den internationalen Kohle-Ausstieg einsetzen. Im Falle Südkoreas sieht der „24/7 Carbon-free Energy Compact“ der Vereinten Nationen allerdings auch Kernenergie als "kohlenstofffrei" und damit umweltfreundlich an.
In Deutschland gibt es Stand 2024 keine aktiven Atomkraftwerke mehr. In Südkorea zum selben Zeitpunkt: 25. Bis zum Jahr 2030 sollen es 28 Reaktorkraftwerke werden. Der Anteil von Kernkraftenergie an der Stromerzeugung soll dann 30 Prozent betragen. Die südkoreanische Regierung spricht sich für die Kernenergie als „grüne“ Energie aus, aber der radioaktive Müll, der zurückbleibt, macht die Kernenergie zu einer wenig nachhaltigen Alternative.
Zusammenarbeit
Deutschland und Südkorea pflegen nun schon seit über 140 Jahren gemeinsame Beziehungen. Die beiden Länder verbindet vor allem ihre jeweilige Teilungsgeschichte. 2023 besuchte eine deutsche Delegation Südkorea, um politische Gespräche zu führen. Dabei entstand ein Dokument mit Handlungsempfehlungen zu allen möglichen Themen die beiden Länder betreffend. Beide Länder sind sich in diesem Dokument einig, dass der Klimawandel aktuell die größte Bedrohung unserer Zeit darstellt. Die Zusammenarbeit bei diesem Thema soll vorangetrieben werden.